Den Laissez-faire Erziehungsstil könnte man durchaus als Weg des geringsten Widerstandes durch die Eltern bezeichnen. Den die Kinder, die diese Methode „genossen“ haben, irgendwann ausbaden müssen: Ihnen fehlt das Gefühl für Nähe und Distanz, sie sind antriebsschwach, haben Schwierigkeiten beim Aufbau und Halten von Beziehungen und Können meistens die Folgen ihres Tuns nicht einschätzen. Bildlich gesprochen schwimmen solche Kinder in einer Art Suppe, in der sie nichts greifen und nichts halten können und eher treiben.
Der Laissez-faire Erziehungsstil – mehr als nur Passivität
Die Passivität steht wie ein großes Menetekel an der Wand. Passivität und Distanz – im schlimmsten Fall Gleichgültigkeit – bestimmen den Laissez-faire Erziehungsstil. Die Ansprüche der Eltern an das Leben oder an ihre Partnerschaft sind gering, so auch in der Erziehung ihrer Kinder. Es wird nur das vorgegeben, was unbedingt nötig ist. Oder aber die Eltern sind der Überzeugung, mit diesem Stil eine besonders liberale Erziehung praktizieren zu können.
Das alles ist jedoch nicht als generelle Abrechnung zu verstehen. Es gibt auch hier die verschiedensten Ursachen, die fordern, eine Einschätzung differenziert zu betrachten. Nicht selten ist es Überforderung – gerade bei alleinerziehenden Müttern – die eine Nachlässigkeit in der Erziehung der Kinder begünstigen. Die Doppelbelastung von Beruf und Haushalt, bzw. die heutzutage wachsende Arbeitslosigkeit und damit verbundenen psychischen Beeinträchtigungen lassen bei vielen Müttern wenig „Lust“ aufkommen, das Kind bzw. die Kinder angemessen zu erziehen. Jede Anstrengung, jedes Engagement kostet nur Kraft und Nerven.
Mit dem Laissez-faire Erziehungsstil Werte schaffen
Ähnlich wie bei der antiautoritären Erziehung erfahren die Kinder bei Laissez-faire so gut wie keine Grenzen. Nur passiert dies hier aus einer Position der Distanz bzw. der Neutralität heraus, bei der Emotionalität, d.h. eine gefühlsmäßige Bindung zwangsläufig auf der Strecke bleibt. Frei übersetzt bedeutet Laissez-faire „macht ihr mal“, „laufen lassen“. Das beginnt schon beim Umgang bzw. bei der Nutzung von Gebrauchsgegenständen: Sie werden nicht pfleglich behandelt oder einfach nur zerstört. Und es setzt sich fort im Umgang mit Mitschülern und anderen Personen. Sorglosigkeit und Nachlässigkeit sind die Folgen, weil das Gefühl für ideelle, soziale und materielle Werte fehlt.
Das Prinzip Laissez-faire kann Kinder nicht nur emotional verkümmern lassen, sie können schlichtweg überfordert werden. Denn sie werden gewissermaßen mit der Erziehung allein gelassen, wenn im Elternhaus Passivität herrscht. Aber ohne Regeln und gewisse Grenzen geht nun mal nichts. Denn sie bedeuten sowohl Halt und Orientierung und andererseits eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Kind. So erkennt der Nachwuchs: Ich werde wahrgenommen, ich bin ihnen wichtig.
Erfolgt diese alles nicht, können später Bindungsstörungen, Aggressivität und mangelndes Selbstwertgefühl auftreten. Wobei diese Folgen wieder einander bedingen können: Mangelndes Selbstwertgefühl kann wiederum Auslöser für aggressives Verhalten sein, um die Defizite zu überspielen. Doch wohlgemerkt: „können“. Die Folgen müssen nicht zwangsläufig auftreten, sie können auch in eine Richtung gehen, die eigentlich einem ganz anderen Erziehungsstil entspricht. Zum Beispiel, wenn das Kind in Reflexion mit seiner Umwelt erkennt, dass es überall nur „aneckt“ und dem begegnen möchte, um nicht ausgeschlossen zu werden. Denn zu komplex sind die Persönlichkeitsstruktur und das persönliche Empfinden.